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Das System Sport 2021: 5 Fragen an die Sportbranche

Das System Sport 2021: 5 Fragen an die Sportbranche

03/01
2021
von Naomi Owusu

Sind Großveranstaltungen wie Olympia und Weltmeisterschaften im traditionellen Format noch zeitgemäß?

Von ungenutzten Stadien über Betonstraßen durch tropische Urwälder bis hin zu unsicheren TV- und Sponsoreneinnahmen – die Sportbranche steht wenige Monate vor Olympia, der Fußball-EM und vielen weiteren Großereignissen vor einer herausfordernden Zukunft. Über Beton im Urwald, soziale Verantwortung und warum das System Sport neue Impulse braucht.

Das Volk hat entschieden: Wie ethisch vertretbar sind Großveranstaltungen noch?

Was München und Boston gemeinsam haben: Beide Städte haben Sport-Großveranstaltungen auf Drängen der Einwohner abgelehnt. Internationale Touristenströme werden sicherlich insbesondere durch die Pandemielage auch von den Einwohnern der Austragungsorte kritischer gesehen. Dazu kommen die finanziellen Anstrengungen: Insgesamt mehr als 13 Milliarden Euro kosteten allein die Olympischen Spiele 2012 in London. Kein Zweifel: Das Event war großartig. Doch die Ausgaben, unter anderem für die Bewerbung, Organisation und Infrastruktur übertreffen meist die ursprünglichen Kalkulationen. Zugegeben: Der Wettbewerb durch eine Veranstaltung wie Olympia kann für eine Region u. a. den Tourismus ankurbeln. Doch zuallererst stehen die Investitionen rund um die Austragung des Ereignisses. Geld, das im Haushalt an vielen Ecken und Enden fehlt, um zielgerichtete nachhaltige Investitionen im Sinne der Gesellschaft zu tätigen.

Beton im Urwald: Wie nachhaltig sind Sport-Großveranstaltungen?

Ob Sotschi oder die Copacabana – die Großevents um Fußballweltmeisterschaften und Olympia brachten nicht nur neue Stadien und eine umfangreiche Infrastruktur nach Russland und Brasilien. Plötzlich schossen zwischen Tropenpflanzen Hightech-Stadien in die Höhe, abgelegene Regionen wurden über neue Verkehrsleitsysteme neu erschlossen. Doch heute stehen viele Stadien leer oder sind nur zu einem Bruchteil ausgelastet und die örtliche Infrastruktur wird folglich kaum genutzt. Was bleibt, ist der ökologische Fußabdruck. Ob beim Bau der Anlagen oder in Bezug auf den dann eingeschränkten Lebensraum für Flora und Fauna – Nachhaltigkeit sieht anders aus. Beton gehört nicht in den Urwald, im Sinne der Natur und der Gesellschaft.

Nicht gewusst wie: Ist die Rechte-Stückelung im Sinne der Fans?

Um alle Spiele der deutschen Fußball-Bundesliga zu verfolgen, brauchen Fans mehrere Abonnements. Dazu kommt die Champions League, auch hier sind die Übertragungsrechte verteilt und machen es unnötig kompliziert und unübersichtlich. Ein Blick in die USA belegt, wie es ohne Rechte-Stückelung optimal funktionieren kann und dennoch hohe Einnahmen generiert werden. Die Übertragung der Spiele in NBA, MLB und NFL werden so über Season Pass abgewickelt, die den Zugang zu allen Live-Spielen der Saison bieten. Fans wissen also immer, wie und wo sie die Partien ihres Vereins verfolgen können. Der Frust über verschiedene Streaming-Abos im Fußball ist hierzulande offenkundig bekannt. Viele Rechtepakete versprechen zunächst höhere Einnahmen, doch auf lange Sicht wird das die Attraktivität von Sportereignissen schmälern. Für Übertragungsdienstleister bedeutet dies ein nicht zu unterschätzendes Risiko.

Während Corona und danach: Welche soziale Verantwortung übernimmt die Sportbranche?

Die Sportbranche hat immer noch eine enorme Reichweite. Viele hundert Millionen Fans weltweit fiebern mit ihren Vereinen mit. Genau hier gilt es insbesondere in diesen Tagen, Zeichen zu setzen – nicht durch neue Merchandise-Artikel wie Mundschutz-Masken, sondern durch echtes soziales Engagement. Corporate Social Responsibility ist für Marken, wie dem Lebensmittelunternehmen Oatly oder Outdoor-Spezialisten Patagonia eine langfristige Mission, um deren Visionen eines nachhaltigen Zusammenlebens zu vermitteln. In Zeiten, in denen viele Profisportereignisse stattfinden, profitiert die Branche immer noch von einer großen Aufmerksamkeit. Diese auch zu nutzen ist eine Chance: Vor Kurzem startete beispielsweise der 1. FC Nürnberg mit „Unser Club“ eine neuartige digitale Community-Plattform. Fans werden hier durch die Teilnahme an Aktionen für ihr soziales Engagement mit exklusiven Prämien belohnt. Und auch von weiteren Vereinen gibt es immer wieder Bestrebungen, der sozialen Verantwortung nachzukommen. Ein Schritt in die richtige Richtung! Hier braucht es in der Sportbranche in Zukunft mehr Mut und kreative Herangehensweisen.

Wachstumsfeld E-Sport: wie digitalisiert sich die Sportbranche langfristig?

Die Abhängigkeit der Sportindustrie von TV- und Zuschauereinnahmen wurde 2020 mehr als deutlich. Viele Vereine müssen sich noch lange mit den finanziellen Ausfällen beschäftigen. Aus diesem Grund braucht es neue Digitalisierungskonzepte und Lösungen, um die Fans fernab der Spielzeit mit den Vereinen zusammenzubringen. Nachhaltige, skalierbare Ertragsmodelle für Webseiten, Apps, On-Demand- oder Voice-Formate sind zusätzlich notwendig, um nicht nur in Krisenzeiten Nähe zu beweisen. Auch digitales Storytelling bei der Content-Strategie wird immer wichtiger in Zeiten, in denen Fans kaum ihre Idole live zu Gesicht bekommen. Zur Digitalisierungsstrategie gehört zudem das Wachstumsfeld E-Sport. Fans und Sportler werden nicht nur jünger, sondern auch deutlich mehr. Da überrascht es nicht, dass die Werbe- und Sponsoreneinnahmen in diesem Feld zunehmend steigen. Speziell Plattformen wie Twitch schaffen neue Umsatzpotenziale, u. a. durch Micro-Payments. Für Werbetreibende entwickelt sich mit dem E-Sport eine neue lukrative Umsatzquelle, deren Potenziale die Vereine für sich erkennen müssen.

Das System Sport braucht neue Impulse

TV-Gelder und Sponsoring-Einnahmen brachen 2020 ein. Dazu kommen die finanziellen Ausfälle bei den Sport-Großveranstaltungen. Von Vereinen über die Ausrichter bis hin zum örtlichem Tourismus litt die ganze Branche unter den Entwicklungen während der Pandemie. Doch hätte es so weit kommen müssen? Die Lage der vergangenen Monate deckt auf, welche Potenziale bislang fernab von Corona nicht ausgeschöpft worden sind. Der Sport ist in der Pflicht, nachhaltige Konzepte in die Wege zu leiten und diese umzusetzen. Angefangen bei ethischen Aspekten bis hin zur langfristigen Digitalisierung – nicht erst seit 2020 ist der Bedarf nach nachhaltigen Lösungen im Sinne der Verantwortlichen und Fans wichtig.

Das System Sport braucht 2021 neue Impulse!

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